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Nachruf für Professor Dr. Wolfgang Heilmann

Wenigen Menschen gelingt es, die eigenen Visionen so weit in die Tat umzusetzen wie Wolfgang Heilmann, den ich vor über 20 Jahren kennenlernte.

Geboren 1930 in Niederschlesien, wurde er in seiner Jugend aus seiner Heimat vertrieben. Er studierte Volkswirtschaftslehre und Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und an der Eberhardt-Karls Universität Tübingen. Er promovierte in Tübingen bei Professor Dr. Hero Moeller 1959 zum Thema “Die Sozialutopien und der Sozialutopismus”. In dieser Arbeit sind seine grundlegenden Ideen über Humanität und Sozialpolitik bereits aufgezeichnet. Er untersuchte, welche Ideen einzelne Utopisten von Plato bis Marx hatten und wie weit oder wie wenig weit die Ideen getragen haben.

Außerordentlich früh erkannte er die Bedeutung der Informationsverarbeitung für die unternehmerische Tätigkeit und beschrieb bereits 1962 im Aufsatz “Gedanken zur integrierten Datenverarbeitung” die Möglichkeit, die Büroarbeit zu mechanisieren und die Arbeitsgänge zu integrieren. Damit war er vielen Unternehmen um mindestens zwanzig Jahre voraus. Um die aufkommenden technischen Möglichkeiten der Computer zu nutzen, gründete er das Unternehmen Integrata, das Unternehmen bei der anspruchsvollen Umsetzung unterstützt und berät. Das Unternehmen blühte in den Achtzigerjahren auf und schuf Hunderte von Arbeitsplätzen, nicht nur für Tübinger Universitätsabsolventen. Interessanterweise bezog die Integrata ihre Räume im ehemaligen Zankerwerk in Tübingen, was den innovativen technologischen Wandel von Mechanik zu Computertechnologie unterstreicht. Das Unternehmen wurde früh mit Beteiligungsmöglichkeit der Mitarbeiter geführt und bekam ungewöhnlicherweise vom Unternehmer selbst große Unterstützung zum Aufbau eines Betriebsrats.

Daneben lehrte Wolfgang Heilmann an der Universität Karlsruhe und brachte seit 1968 mit über 50 Bänden die Schriftenreihe für integrierte Datenverarbeitung heraus. Vom Bundespräsidenten wurde er mit 1995 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande für seine Arbeit ausgezeichnet.

Die Integrata hat unter seiner Führung über Jahrzehnte von Tübingen aus im deutschsprachigen Raum Tausende von Menschen im Bereich Informationstechnik geschult und weitergebildet. Dabei erfuhr Wolfgang Heilmann von seiner ersten Frau, Professor Dr. Heidi Heilmann, nachhaltige Unterstützung und hat mit ihr zusammen vier Kindern das Leben geschenkt. Seinen Lebensabend verbrachte er mit seiner zweiten Ehefrau, der Konzertpianistin Emilia Reck.

Nach dem Ende des regulären Arbeitslebens verschoben sich seine Interessen noch stärker zur Gesellschaftspolitik, was er mit der Gründung der Integrata Stiftung für die humane Nutzung der Informationstechnologie unterstrich.

Um den Aspekt der humanen Nutzung der Informationstechnologie voranzubringen, änderte er die Ausrichtung des Wolfgang Heilmann Preises, zuerst 1988 als „Preis für integrierte Datenverarbeitung“ vergeben, seit 1999 zum Preis für die “Humane Nutzung der Informationstechnologie”.

Privat war Wolfgang Heilmann ein Weltreisender, der nahezu alle Regionen der Erde besuchte. Selbst so abgeschlossene Ländern wie Nordkorea oder abgelegene Gegenden wie der Antarktis stattete er einen Besuch ab. Auch hohe Berge lockten ihn. Matterhorn, Mont Blanc und Kilimandscharo waren Gipfel, die er mit seiner zähen Fähigkeit, Ziele zu erreichen, erklomm.

Leider ist er am 25. Juli 2022 aus dem Leben geschieden.

Prof. Dr. Eduard Heindl für die Integrata Stiftung Tübingen

Der Nachruf ist am 10.08.22 im Schwäbischen Tagblatt veröffentlicht worden. Über diesen Link gelangen Sie zum Artikel im PDF-Format.

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